Ein dreiviertel Jahr im Papier verpackt zu sein, ist kein Honiglecken! Nicht mal für einen Blauschimmelkäse.



Die letzte Milchlieferung, die ich aus Italien bekommen habe, hat Robert komplett alleine verarbeitet, weil bei mir unendlich viele Termine mit Behörden am Programm standen. Als wir am nächsten Tag telefonieren, meint Robert: “Es ist total langweilig, alleine zu käsen!“
Das kann ich nur bestätigen, denn mir geht das Handwerkliche inzwischen auch total ab. Deshalb ist für heute wieder ein gemeinsamer Tag geplant.

Als ich am Hof ankomme, kommt mir Robert mit dem Traktor entgegen – er hat den Büffeln und Ziegen gerade frisches Gras gebracht. Eine tolle Gelegenheit, sofort zu meinen „Mädels“ zu gehen, um mich ein bisschen – wie sagt man so schön auf Wienerisch – einzuwampern. Der Tag am Hof beginnt also mit frischem saftigem Gras voller Klee, Kräutern und Löwenzahn für die Tiere.

Unser Produktionsplan für heute: Camembert, Taleggio und Mozzarella


Die Milch ist schon im Kessel und beginnt sich zu erwärmen, der Produktionstag kann also losgehen. Das heutige Käsen ist sehr vertraut – Robert und ich arbeiten ohne viel zu reden. Wir sind schon sehr gut eingespielt, habe ich das Gefühl. Ab und zu kommt vom großen Meister dann ein prüfendes: „Und was machen wir hier, Herr Kollege?“ oder „Ist dieser Teil des Bruches hier bewusst nicht geschnitten?“
„Sonst wäre es doch gar zu langweilig, oder?“ kontere ich.

Die Ruhezeiten nutzen wir dazu, unsere Camemberts, Blaupyramiden und Brietorten von den letzten Produktionen zu verkosten. Wir haben sie damals bewusst sehr flach gemacht, damit wir möglichst schnell das Ergebnis sehen und verkosten können – und siehe da, sie schmecken hervorragend. Der Brie ist für die verhältnismäßig kurze Reifezeit bereits erstaunlich weit, sehr cremig am Gaumen, mit einem kleinen topfigen Kern und einer angenehmen subtilen Würze. Die Blauschimmelpyramide – Robert nennt sie liebevoll "Bluemountains" – hat unglaubliches Potential, sie ist ja eigentlich erst ca. 20 Tage alt. Die Kulturen wachsen schön hinein, ziehen feine Adern und verbinden sich geschmacklich gerade mit der Büffelmilch. "Wenn die erst acht, neun Wochen alt sind!" schmunzelt Robert.

„Ich würde sagen, wir haben den Test bestanden. Wir können damit in Echtproduktion gehen!“



Ich bin schon neugierig, was ihr alle zu unserem Käse sagen werdet.

Hier geht's übrigens zu den anderen Tagebucheinträgen:
Tagebuch eines Käselehrlings – Teil 1
Tagebuch eines Käselehrlings - Teil 2
Tagebuch eines Käselehrlings - Teil 3.

4 Kommentare

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Werner Lingenhel, 15. 09. 2015

Es ist kaum auszuhalten, auf die selbst gemachten Köstlichkeiten, sowie auf den mit viel Liebe und vor allem mit großem Können hergestellten Wein, sooooo lange warten zu müssen.
Mach so weiter, aber viel, viel schneller.
Wir kommen gerne in die Landstrasse/ Hauptstrasse und können es kaum erwarten!

Johannes Lingenhel, 12. 09. 2015

Vielen Dank, liebe Gerlinde! Vor allem für die Vorschusslorbeeren!!!

Gerlinde Sixt, 11. 09. 2015

Lingenhel bereichert Tradition mit neuen Impulsen

Gerlinde Sixt, 11. 09. 2015

Schon beim Lesen läuft mir das Wasser im Mund zusammen! Mein "Wamperl" wird sicher zu wachsen beginnen, wenn die Zeit kommt, all diese Köstlichkeiten genießen zu dürfen. In der Zwischenzeit kann ich nur versuchen, mich auf gut Wienerisch "einzuweimberln". Bei Johannes und Robert wird die Übung hoffentlich gelingen, doch die Mädels möchte ich sehr gerne kennenlernen, um auch dort mit Streicheleinheiten ansetzen zu können.


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