Wenn man etwas seit 35 Jahren macht, darf man sich getrost als Auskenner und Experte bezeichnen. Das würde Robert Paget aber niemals einfallen. Seit über drei Jahrzehnten stellt er in seiner niederösterreichischen Hofkäserei Rohmilchkäse her, ist seit fast 20 Jahren in Sozialprojekte in Indien involviert und hat vor gut 10 Jahren mit der Haltung eigener Wasserbüffel begonnen, mit deren Milch er feinste Büffelmilchkäse produziert. Trotzdem ist seine Neugier ungebrochen, führt ihn auf Ausflüge nach Kampanien und lässt ihn mit immer neuen Käsekreationen experimentieren. An seine erste Liebe in Sachen Käse erinnert er sich jedenfalls noch ganz genau: die Ruhe beim Rühren.
„Ich fühl mich absolut nicht als Profi. Wenn ich z.B. zur Slow Cheese – der weltweit größten Käsemesse – nach Bra fahre, merke ich, dass ich noch ein paar Lebenswege lang brauchen werde.“
Robert Paget
Gemeinsam mit Johannes tüftelt Robert momentan an den Käsen für die Landstraßer Hauptstraße 74. Dabei bietet sich auch für einen alten Hasen wie ihn die Gelegenheit viel Neues auszuprobieren. Alle zwei Wochen wird gemeinsam gekäst und vorab ausnahmslos jede Charge Milch sicherheitshalber genau untersucht.
Italienische Milch und österreichische Kulturen – das ist ein bisschen wie das Rad neu zu erfinden.
Während Robert in Indien ist, übernimmt Johannes die Käsepflege in Diendorf. Nicht mehr lange, dann ist auch die neue Stadtkäserei fertiggestellt und das Käsen kann vor Ort fortgesetzt werden. Der Käsekessel steht jedenfalls schon bereit. „Das Wichtigste in der neuen Käserei ist aber die Bank auf der Seite“, schmunzelt Johannes. „Wenn’s uns zu blöd wird, setzen wir uns dort einfach mit einem Glas Wein hin!“
Roberts langjährige Erfahrung ist von Anfang an in die Entwicklung der Stadtkäserei eingeflossen. Dort werden er und die Gastkäser alles vorfinden, was sie brauchen – auch an Sachen, die Robert in seiner Käserei in Diendorf vermisst, wurde gedacht. Geht es nach ihm, sollten handwerkliche Betriebe aller Lebensmittel – von Gemüse über Brot bis hin zu Fisch – direkt in der Stadt vertreten sein.
„Die industrielle Lebensmittelproduktion hat unglaublich viel zerstört. An Vieles haben wir uns bereits gewöhnt, manche Bedürfnisse und Sehnsüchte nach Gerüchen, Geschmäckern, Geräuschen, Texturen, Zeitabläufen und Ritualen können aber durch handwerkliche Arbeit wieder belebt werden.“
Dieser Aufgabe werden sich Robert und Johannes auch in den Käse-Workshops widmen, die sie 2016 in der Stadtkäserei anbieten.